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Prävention und Intervention
Prävention und Intervention aus einem Guss?
Prävention will gut bedacht sein. Risiken werden sauber und detailliert analysiert, Massnahmen werden definiert und Stück für Stück umgesetzt. Das Ereignismanagement lässt dann weniger Gemächlichkeit zu. Aber: Prävention und Intervention sollten eigentlich aus einem Guss kommen.
Unternehmen betreiben Prävention rund um Sicherheits- oder Gesundheitsthemen. Das heisst, sie versuchen mit geeigneten Massnahmen das Eintreten von Ereignissen zu verhindern. Diese Arbeit findet oft in stillen, ruhigen Zeiten statt. Tritt ein Ereignis trotz Präventionsmassnahmen ein, verhält sich das Ereignismanagement häufig nicht so still und ruhig.
Chronologisch finden Prävention und Ereignismanagement also eigentlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Oder auch nicht. Andreas Juchli, Geschäftsführer der JDMT Group AG, sagt im Interview nämlich, dass Prävention und Intervention Hand in Hand gehen sollten.
Können Sie ein Beispiel skizzieren, das Ihren Ansatz verdeutlicht?
Wir betreuten kürzlich die Generalversammlung einer grossen Versicherung, in einer grossen Location. Wir hatten primär den Auftrag einzugreifen, wenn jemand ein medizinisches Problem erleidet. Für uns ist in solchen Momenten klar, dass wir die Menschen schon beim Hereinkommen beobachten – wer könnte Mühe haben beim Gehen, wer könnte auf den steilen und langen Treppen stürzen? Wir positionieren uns an den kritischen Punkten und achten darauf, dass die Menschen nicht stürzen oder falls sie stürzen, dass wir ihren Kopf möglichst vor Aufprall schützen können. Das ist ein kleines, praktisches und eigentlich logisch wirkendes Beispiel, wie Prävention und Intervention Hand in Hand gehen und wie die Instrumente der Intervention auch präventiv genutzt werden können.
Und die Erkenntnisse aus Ereignissen helfen wiederum, Präventionsmassnahmen anzupassen.
Absolut. Letztes Jahr gab es bei einem Kunden während eines Apero mehrere gesundheitliche Ereignisse. Es floss dort reichlich Alkohol und wir hatten die Hypothese, dass es da einen Zusammenhang gibt. Eine Massnahme war, die Apero-Phase künftig zu verkürzen. Das hat gut funktioniert, wir hatten im Folgejahr keinerlei Ereignisse. Das ist also eine unmittelbare Kausalität – wir machten eine Einschätzung aufgrund der Ereignisse aus dem letzten Jahr, veränderten die Rahmenbedingungen und reduzierten dadurch das Risiko.
JDMT kommt aus der Medizin, wir machen aber schon seit vielen Jahren mehr als nur Medizin. Wir haben festgestellt, dass sowohl medizinische als auch andere Notfälle mit den gleichen Instrumenten abgedeckt werden können. Die medizinischen Notfälle sind die häufigsten. Es macht also durchaus Sinn, eine Ereignisorganisation darauf auszurichten, sie aber auch für anderes einzusetzen, zum Beispiel für Evakuierungen. Jedes Unternehmen muss im Rahmen einer Risikoanalyse entscheiden, welche Massnahmen es treffen will und ob mehrere parallele Organisationen sinnvoll sind. Auf jeden Fall ist ein Notfallereignis Teamsport. Es braucht ein gutes Team, passende Kurse, passendes Material, und das Ziel dieses Teamsports ist es, durch gute Prävention Ereignisse zu vermeiden und wenn trotzdem etwas passiert, dieses Ereignis gut zu bewältigen.
Dieser Ansatz funktioniert nicht nur in medizinischen Themen, sondern auch in allen anderen Sicherheitsfragen. Sind die Menschen sensibilisiert und melden etwas, dann hat man Sensoren, die man in die Ereignisorganisation einbeziehen kann. Durch eine solche Schwarmintelligenz fördert man die Achtsamkeit und dadurch die Sicherheitskultur im Unternehmen. Sind Mitarbeitende auf Ereignisse vorbereitet, haben sie einen anderen Bezug zum Betrieb. Sie schätzen ihre Rolle, nehmen Verantwortung wahr und haben Freude, wenn sie helfen können.
Prävention und Intervention zusammenzubringen ist also ein Ansatz für alle Sicherheitsthemen?
Prävention, Intervention, und als Drittes: rasch wieder den Ursprungszustand herzustellen – wenn es um Menschen geht, beispielsweise die Reintegration an den Arbeitsplatz. Absolut, das gilt für alle Bereiche der Sicherheit. Im Bereich physische Sicherheit sind die Betriebe in der Regel gut aufgestellt und brauchen selten zusätzliches Wissen durch externe Partner. In einem IT- oder Telekommunikations-Unternehmen gibt es immer wieder Ereignisse wie technische Ausfälle. Dort gehört es zum eigentlichen Kerngeschäft, das zu beherrschen.
In anderen Fragen geht es allerdings kaum ohne externe Partner. Wir dürfen für den Bund seit Anfang Jahr die Geschäftsstelle Jodtabletten betreuen. Ein Unternehmen kann selbst nur schwierig bestimmen, wie diese Thematik praktisch gelöst werden muss, damit es operativ funktionieren würde. Oder eine Pandemie: ob ein Unternehmen Masken kaufen soll und wie es aussähe, wenn es einen ersten Fall einer Erkrankung gibt, ist für ein Unternehmen schwierig zu beurteilen. Dann braucht es einen externen Partner, die eine Analyse machen kann und das Thema so aufbereiten kann, dass man es versteht und dass das Unternehmen eine Entscheidungsgrundlage hat. Alles, was die Kernprozesse eines Unternehmens beeinträchtigt oder gefährdet, kann man in einer Logik betrachten.
Auch Business Continuity Management (BCM) beschäftigt sich damit, wie diese kritischen Geschäftsprozesse aufrechterhalten werden. BCM an sich ist ebenfalls ein universelles Thema und funktioniert letztlich gleich, ganz egal, welches Ereignis eintritt. Aber auch BCM ist häufig ein separater Bereich und oft eher eine Stabsfunktion als eine echte Ereignisfunktion. Doch Intervention bedeutet: es braucht nun Menschen, die hinstehen, egal unter welchen Bedingungen, und die Lage beurteilen, die Organisation, den Zeitplan und die Sofortmassnahmen entscheiden und das Problem lösen – sprich, das Ereignis bewältigen. Bei vielen Szenarien hat man die Kompetenzen dafür schlicht nicht. Es ist auch nicht sinnvoll, sie aufzubauen, weil die Eintretenswahrscheinlichkeit sehr gering ist, was aber nicht heisst, dass diese Szenarien nicht eintreten können. Also sucht man sich einen Partner, der das kann. Das ist Teil des Risikomanagements.
Wenn Prävention und Intervention also Hand in Hand gehen sollten – sollten dann auch die gleichen Menschen Prävention und Ereignisbewältigung machen?
Es gibt unterschiedliche Flughöhen. Es braucht eine Stelle, die organisatorisch verantwortlich ist – im Bereich Gesundheit ist die Prävention eher im HR angesiedelt, die Intervention eher im Bereich Sicherheit oder Facility Management, aber selten im HR. Nach meinem Dafürhalten sollte das abgelöst werden. Über die Organisation werden Analysen gemacht, Massnahmen definiert, die Struktur aufgebaut und umgesetzt und dann braucht es Leute, die die Leistung erbringen. Auf der Führungsebene braucht ein Unternehmen Unterstützung, so wie JDMT sie bietet, sei es Fachwissen oder Entlastung. Danach ist es abhängig davon, wie viele Mitarbeitende man einsetzen und wie man sie ausbilden kann.
Nehmen wir nochmals einen Anwendungsfall aus der Medizin: wenn sich jemand unwohl fühlt und ich sensibilisiert bin, dass dies ab einem gewissen Alter ein Ausdruck eines akuten Herzproblems sein könnte, handle ich jetzt und nehme beispielsweise Rücksprache mit dem telefonischen Fachsupport von JDMT. Wir können einen Arzt beiziehen und ein schweres Ereignis vermeiden. Das ist auch Prävention. Es ist also übergreifend. Das gilt auch im mentalen Bereich und in psychischen Notfällen: wer eine Rolle hat als ausgebildete Betriebssanitäter oder durch eine vorhandene Schwarmintelligenz, dann spricht man etwas an, fragt wie es jemandem geht, und das ist der Türöffner, einer Person zu helfen und vor einem Ereignis zu bewahren, das deutlich schwerwiegendere Konsequenzen haben könnte.
Müsste man also all diese Themen in einen bestimmten Unternehmensbereich verschieben oder sollten diese Bereiche einfach enger zusammenarbeiten?
Es gibt verschiedene Lösungswege und Überlegungen, wo genau diese Themen angesiedelt sein sollten. Es gibt beispielsweise Unternehmen, die das Facility Management outsourcen. Dann sehe ich weniger, dass man sagt, die beauftragte Organisation solle auch für das Incident Management zuständig sein.
Manchmal hängt es von den Personen oder von den Stellenprofilen ab. Wer mit Sicherheit zu tun hat, ist von seiner Denkweise her schon etwas mehr auf Ereignisorientiertheit ausgerichtet und tickt eher so, dass er oder sie eine Situation richtig beurteilen und Sofortmassnahmen entscheiden und umsetzen kann. Wir suchen also die Menschen, die geeignet sind, egal welche Rolle sie im Betrieb haben. Je nach Voraussetzung kann ein Unternehmen Elemente der Prävention und Intervention selbst übernehmen oder braucht eher externe Partner. Ein typisches Beispiel sind Alarmstellen. Wir nehmen für viele Kunden die Alarme entgegen, das kann man gut delegieren.
Wie viele Unternehmen haben Prävention und Intervention schon so zusammengebracht?
Wir sind noch ganz am Anfang. Die Logik von Prävention und Intervention aus einem Guss sehen wir aktuell noch nicht wirklich – und wenn, dann am ehesten dort, wo der Kunde uns freie Hand lässt. Wenn wir mit eigenem medizinischem Personal vor Ort sind, machen wir natürlich auch Prävention. Die Frage ist dann immer noch, wie das gegenüber den Mitarbeitenden kommuniziert und wie stark das forciert wird. Da begegnen wir unterschiedlichen Philosophien.
Was mir wichtig ist: es geht hier nicht einfach nur um Gutmenschentum, sondern wir sagen seit jeher, dass Arbeitgeber auch ein finanzielles Interesse daran haben, keine Ereignisse zu haben, auch keine gesundheitlichen. Man darf als Arbeitgeber hinstehen und sagen: wir wollen, dass man fit und dadurch leistungsfähig ist. Nur dann kann man körperlich und intellektuell Leistung erbringen, Probleme lösen und Erträge generieren. Dafür zahlen wir einen Lohn. Das deklariert man offen, auch wie man sich in Sachen Compliance aufstellt. Der Arbeitgeber soll insgesamt nicht wissen, welche gesundheitlichen Herausforderungen Mitarbeitende haben. Deshalb empfiehlt sich – aus Compliance-Gründen und aus Gründen des Fachwissens – ein externer Partner wie JDMT.
Was sollten Unternehmen nun also tun, um diese Richtung einzuschlagen?
Jedes Unternehmen sollte sich die Frage stellen, wie weit es das betrifft. Es sollte damit starten zu wissen, welche Szenarien eintreten könnten. Dann macht es eine Risikoanalyse. Es muss sich fragen, ob es einverstanden ist, dass Prävention, Intervention und Reintegration aus einem Guss kommen – und ob es so aufgestellt ist. Es muss sich fragen, welche Ressourcen es hat, um Prävention zu machen, und ob die Intervention funktioniert. Es sollte sich überlegen, wie hoch die Kosten sind, sowohl jene eines Ereignisses als auch jene der Prävention. Dann sieht man schnell, dass es sich lohnen kann, eine kurze Überprüfung mit einem externen Partner einzuleiten. Das geht schon in einem halben Tag und man sieht vieles, was man verbessern kann, ohne den Aufwand unnötig aufzublähen. Wenn etwas passiert, sollte man sich die Frage stellen, ob man es verhindern oder besser hätte bewältigen können. Klar ist: die Verantwortung liegt sowieso immer beim Arbeitgeber – und es ist ein Spiel mit dem Faktor Zufall, ob ein Ereignis eintritt oder nicht.
„Auf jeden Fall ist ein Notfallereignis Teamsport.“
„Es ist ein Spiel mit dem Faktor Zufall, ob ein Ereignis eintritt oder nicht.“